Vorderpaulinum: Ein bedeutendes Gebäude der Universität Leipzig
Das Vorderpaulinum war ein historisches Gebäude der Universität Leipzig, das sich an der Universitätsstraße 3–5 befand. Nach seinem Neuaufbau im Jahr 1895/96 wurde es bis zu seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg schlicht Paulinum genannt. Es spielte eine zentrale Rolle in der Geschichte der Universität und war bis zu seinem Abriss eines der wichtigsten Gebäude des Campus.
Geschichte
Das Vorderpaulinum entstand aus den Überresten des ehemaligen Dominikanerklosters St. Pauli, das nach der Reformation 1543 von Kurfürst Moritz der Universität Leipzig übereignet wurde. Aus dem Klosterkomplex wurde das Collegium Paulinum, das fortan als Universitätsgebäude diente und einen Großteil der Universitätsaktivitäten beherbergte.
Entlang der westlichen Grenze des Paulinergeländes, an der späteren Universitätsstraße (bis 1839 als Alter Neumarkt bekannt), standen ursprünglich Gebäude aus dem Wirtschaftsbetrieb des Klosters, darunter ein Kornhaus, eine Backstube, ein Torhaus und ein Bad. Diese Bauten wurden ohne größere Veränderungen von der Universität genutzt, teilweise als Professorenwohnungen, teils für den Lehrbetrieb.
Erster Umbau (1797–1805)
Der erste größere Umbau erfolgte zwischen 1797 und 1805, als die ursprünglichen Gebäude in drei Etappen durch einen Neubau ersetzt wurden. Der Universitätsbaumeister Carl August Benjamin Siegel war für die Planung verantwortlich. Das Ergebnis war ein über 77 Meter langes Gebäude, das den Namen Vorderpaulinum erhielt, da es von der Stadtseite her die Vorderseite des Paulinergeländes darstellte. Das Gebäude bestand aus vier Stockwerken und besaß 27 Fensterachsen, wobei der Mittelrisalit durch ein Giebelfeld geschmückt wurde. Der Dekor wurde vermutlich von Veit Hanns Schnorr von Carolsfeld gestaltet. Auf dem Dach befanden sich zwei Reihen von Dachfenstern, die übereinander angeordnet waren.
Bis zur Errichtung des Augusteums am Augustusplatz durch Albert Geutebrück in den Jahren 1831–1836 fungierte das Vorderpaulinum als das Hauptgebäude der Universität.
Neuaufbau (1895/96)
Im Rahmen der umfassenden Umgestaltungen der Universitätsgebäude durch den renommierten Architekten Arwed Roßbach wurde auch das Vorderpaulinum einbezogen. Im Jahr 1894 wurde das Vorderpaulinum abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, der zwischen 1895 und 1896 errichtet wurde. Im Gegensatz zu den anderen Bauten Roßbachs war die Fassade des neuen Gebäudes vergleichsweise schlicht gestaltet, da die Erdgeschosszone als Ladenlokale genutzt wurde und die schmale Universitätsstraße ohnehin keinen großen Blick auf das Gebäude zuließ.
Das neu errichtete Paulinum besaß im Mittelteil eine dreiteilige Durchfahrt, die zum Paulinerhof führte. Im Jahr 1916 wurde das Dach erhöht, und die Räume des Dachgeschosses wurden ausgebaut, um zusätzlichen Platz für die universitären Zwecke zu schaffen.
Zerstörung und Nachfolgebau
Beim Bombenangriff auf Leipzig am 4. Dezember 1943 wurde das Paulinum vollständig zerstört. Die Trümmer des Gebäudes wurden später abgetragen, und an seiner Stelle entstand erst in den 1970er Jahren ein Neubau. Im Zuge der Errichtung der Neubauten für die Karl-Marx-Universität zwischen 1973 und 1978 wurde das Seminargebäude errichtet, das jedoch von der Universitätsstraße abgerückt und erhöht steht.
Das Vorderpaulinum bleibt ein wichtiger Teil der Geschichte der Universität Leipzig, das für viele Jahre die akademische Landschaft der Stadt prägte, bis es im Zuge der Kriegsereignisse seine Funktion und physische Präsenz verlor.