Das Griechenhaus: Ein Zentrum des Handels und Glaubens in Leipzig

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Das Griechenhaus: Ein Zentrum des Handels und Glaubens in Leipzig

Das Griechenhaus war ein bedeutender Handelshof in Leipzig, der über 300 Jahre lang, von 1640 bis 1943, eine zentrale Rolle im wirtschaftlichen und religiösen Leben südosteuropäischer, insbesondere griechischer Kaufleute spielte.

Griechenhaus Leipzig, Katharinenstraße 4, um 1900 / Public Domain
Griechenhaus Leipzig, Katharinenstraße 4, um 1900 / Public Domain

Geschichte und Lage

Das Griechenhaus befand sich in der Katharinenstraße 4, nahe dem Leipziger Marktplatz. Es wurde 1640 als Handelshof errichtet und verfügte über eine beeindruckende Barockfassade, die der des benachbarten Hauses Nr. 2 ähnelte. Die Katharinenstraße galt damals als „die prächtigste Straße der Stadt“, und das Griechenhaus fügte sich perfekt in das repräsentative Bild ein. Der Kunsthistoriker Nikolaus Pevsner hob in seinem Standardwerk „Leipziger Barock“ die lebhafte Ornamentik und die hohe Qualität der Fassade besonders hervor.

Frühe Eigentümer und Bedeutung für den Handel

Das Grundstück, auf dem das Griechenhaus stand, gehörte seit dem 15. Jahrhundert Leipziger Großkaufleuten. Von 1623 bis 1804 befand es sich im Besitz der Familie Steger, zu der auch der kursächsische Jurist und Bürgermeister Adrian Steger zählte. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts wurde Leipzig zunehmend zu einem Treffpunkt für Händler aus Südosteuropa, darunter Seiden-, Baumwoll- und Rauchwarenhändler. Diese kamen zweimal jährlich zur Leipziger Messe, und ab dem Ende des 17. Jahrhunderts folgten ihnen griechische Kaufleute. Das Griechenhaus diente diesen Besuchern nicht nur als Handelsplatz, sondern auch als Unterkunft und Versammlungsort.

Der Innenhof des Gebäudes, um 1890 / Public Domain
Der Innenhof des Gebäudes, um 1890 / Public Domain

Religiöse Bedeutung und Gottesdienste

Schon um das Jahr 1700 fanden im Griechenhaus regelmäßig griechisch-orthodoxe Gottesdienste statt, zunächst in einem sogenannten Griechischen Bethaus. Im 18. Jahrhundert wurde sogar ein spezieller Kapellenraum eingerichtet. 1858 wurde das Griechenhaus als erste orthodoxe Kirche Deutschlands anerkannt. Neben griechischen Gläubigen nutzten auch russische und rumänische Gemeindemitglieder das Gotteshaus. Die Gemeinde setzte sich hauptsächlich aus Kaufleuten und Studenten zusammen, darunter prominente Persönlichkeiten wie der Theologe Eugenios Voulgaris, der von 1763 bis 1771 in Leipzig lebte.

Griechische Kapelle im Gebäude, 1907 / Public Domain
Griechische Kapelle im Gebäude, 1907 / Public Domain

Besondere Ereignisse und Besuch von Zar Alexander I.

Das Griechenhaus erlebte mehrere historische Ereignisse, darunter die Besuche des russischen Zaren Alexander I. in den Jahren 1808 und 1813. Der Zar nahm sogar an Gottesdiensten der orthodoxen Gemeinde teil, was das Gebäude zu einem wichtigen Anlaufpunkt für die russische Diplomatie machte. Seit 1887 trug das Gebäude offiziell den Namen Griechenhaus, der ihm durch seine historische Verbindung zu den griechischen Kaufleuten und ihrer Gemeinde verliehen wurde.

 Das Griechenhaus in Leipzig, Zentrum des mitteleurop. Griechentums von der Renaissance bis in das 20. Jahrhundert, zerstört 1943. Heute befindet sich dort das Café Pinguin, die Gedenktafel ist an der Seite des Gebäudes angebracht. / <a href="https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Griechenhaus.JPG">Christos Vittoratos</a>, <a href="https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5">CC BY-SA 2.5</a>, via Wikimedia Commons
Das Griechenhaus in Leipzig, Zentrum des mitteleurop. Griechentums von der Renaissance bis in das 20. Jahrhundert, zerstört 1943. Heute befindet sich dort das Café Pinguin, die Gedenktafel ist an der Seite des Gebäudes angebracht. / Christos Vittoratos, CC BY-SA 2.5

Zerstörung und Gedenken

Am 4. Dezember 1943 wurde das Griechenhaus während eines Luftangriffs im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört. Heute befindet sich an der Stelle ein moderner Neubau, in dem unter anderem die bekannte Milchbar Pinguin untergebracht ist. Eine Gedenktafel, die 1999 am Gebäude angebracht wurde, erinnert an die historische Bedeutung des Griechenhauses. Der Name lebt auch durch die Deutsch-Griechische Gesellschaft Griechenhaus Leipzig e.V. weiter, die das Andenken an das Gebäude und seine Rolle in der Stadtgeschichte bewahrt.

Fazit

Das Griechenhaus war über drei Jahrhunderte hinweg ein bedeutendes Zentrum für Handel und Glauben in Leipzig. Es war ein Symbol für die starke Verbindung der Stadt mit südosteuropäischen Kaufleuten und ein Ort, an dem nicht nur wirtschaftliche, sondern auch religiöse und kulturelle Begegnungen stattfanden. Seine Zerstörung im Zweiten Weltkrieg markiert das Ende eines wichtigen Kapitels in der Geschichte Leipzigs, doch das Erbe des Griechenhauses lebt in der Erinnerung weiter.

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