Der Hauptbahnhof in Leipzig

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Der Hauptbahnhof in Leipzig

Geschichte

Vorgängerbahnhöfe

Um 1859 hatte sich der Eisenbahnknoten Leipzig entwickelt: Neben der 1837/39 eingeweihten Leipzig-Dresdner Eisenbahn eröffnete ein Jahr später die Magdeburg-Leipziger Eisenbahn-Gesellschaft ihre Strecke Magdeburg–Leipzig, gefolgt 1842 von der Strecke Leipzig–Hof der Sächsisch-Bayerischen Eisenbahn sowie 1856 der Verbindung Leipzig–Großkorbetha (weiter nach Halle/Bebra) der Thüringischen Eisenbahn. Am damals nördlichen Stadtrand Leipzigs waren in unmittelbarer Nachbarschaft die Anlagen von Dresdner, Magdeburger und Thüringer Bahnhof entstanden. Abgelegen je etwa zwei Kilometer südöstlich davon befanden sich der Bayerische und der Eilenburger Bahnhof.

Hauptbahnhof Leipzig
Hauptbahnhof Leipzig, Grundsteinlegung des Bahnhofs fand am 16. November 1909 statt. Er wurde 1915 fertiggestellt. / Paul Wolff, Leipzig die wunderschöne Stadt, Hinrichs’sche Buchhandlung, Public Domain

Umfeldentwicklung bis 1907

Die Einwohnerzahl Leipzigs wuchs in den Jahren 1871 bis 1899 auf das 4,2-fache von 107.000 auf 450.000 Personen. Parallel dazu stieg die Zahl der Bahnreisenden um den gleichen Faktor von 1,48 Millionen im Jahre 1872 auf 6,29 Millionen. Die räumliche Trennung der fünf Fernbahnhöfe erzwang dabei häufiger komplizierte Zugläufe und Rangierbewegungen. An eine Vereinheitlichung der Verkehrsführung und einen Ausbau der in privater Hand befindlichen Anlagen war durch den Konkurrenzkampf zwischen den Unternehmen nicht zu denken. Um die Rivalitäten und das Streben nach mehr Rentabilität zu beenden, wurden die privaten Aktiengesellschaften durch das Staatsbahnsystem übernommen. Dadurch waren nun auch umfangreiche öffentliche Investitionen in das Eisenbahnnetz möglich. Daraufhin kam es zur Ausgestaltung und Vereinheitlichung der Staatsbahnnetze, und es entstanden neue Personen- und Güterbahnhöfe. Die bestehenden Bahnhöfe mit ihren einzelnen Linien sollten in großen Hauptbahnhöfen vereinigt werden. Leipzig - Hauptbahnhof (1965) Leipzig – Hauptbahnhof (1965) – FOTO:FORTEPAN / Nagy Gyula [CC BY-SA 3.0]

Eine Vereinheitlichung des deutschen Eisenbahnwesens gemäß der von Otto von Bismarck initiierten Reichsverfassung vom 16. April 1871 hätte den Konkurrenzkampf unterbinden können. Dies scheiterte jedoch am Widerspruch der Mittelstaaten, ebenso wie der 1875 von Albert von Maybach dem Bundesrat vorgelegte Entwurf eines Reichseisenbahngesetzes. Mittlerweile waren bis 1895 die Sächsisch-Baierische Eisenbahn-Compagnie und die Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie in den Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen zusammengefasst, die Magdeburg-Leipziger Eisenbahn von der Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn aufgekauft und diese wiederum vom Königreich Preußen zusammen mit der Thüringer, der Berlin-Anhalter und der Halle-Sorau-Gubener Eisenbahn aufgekauft und damit Teil der Preußischen Staatseisenbahnen mit Eisenbahndirektionen in Magdeburg, Erfurt und Halle. Innerhalb Leipzigs verkehrten damit die Eisenbahnen zweier Gliedstaaten des Deutschen Reiches, die teilweise gegensätzliche Interessen hatten. Das Wort preußisch-sächsischer Eisenbahnkrieg machte die Runde.

In Vorbereitung der Leipziger Jubiläumsmesse 1965 Blick auf den Leipziger Hauptbahnhof, auf dem in den nächsten Tagen zehntausende Messegäste ankommen werden.
In Vorbereitung der Leipziger Jubiläumsmesse 1965 Blick auf den Leipziger Hauptbahnhof, auf dem in den nächsten Tagen zehntausende Messegäste ankommen werden. / Bundesarchiv, Bild 183-D0227-0001-024 / CC-BY-SA 3.0 [CC BY-SA 3.0 de]

Planung des Neubaus

Für Leipzig als bedeutender Knoten im Netz der europäischen Eisenbahn und als bedeutender europäischer Messe- und Handelsplatz war ein Umbau der gesamten Bahnanlagen dennoch unaufschiebbar. Die gegensätzlichen Interessen der Bahnverwaltungen zeigten sich schon bei den grundlegenden Planungen zum Umbau des Bahnnetzes. Alle seit den 1880er Jahren erarbeiteten Konzepte für den Leipziger Centralbahnhof spitzten sich auf die Frage zu: Durchgangsbahnhof – ausgearbeitet durch Professor August Rincklake – oder Kopfbahnhof? Die Verwaltung der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen bevorzugte einen Durchgangsbahnhof mit lediglich acht Gleisen, der außerhalb des Stadtzentrums im Gebiet des Bahnhofs Leipzig-Schönefeld am heutigen Leipziger Güterring gebaut werden sollte. Die preußischen Verwaltungen wollten jedoch keine Konkurrenz zu ihrem nur 35 Kilometer entfernten Durchgangsbahnhof in Halle (Saale) und bestanden auf dem eher hinderlichen Kopfbahnhof-Konzept.

Hauptbahnhof, Postkarte ohne Datierung
Hauptbahnhof, Postkarte ohne Datierung / Quelle: http://www.zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG

Der Leipziger Rat entschied sich für einen Kopfbahnhof mit dem Argument, dass die neue repräsentative Station damit näher an das Stadtzentrum gebaut werden könne. Nach kontrovers geführten Erörterungen der Vor- und Nachteile der Entwürfe von 1887, 1890, 1892 und 1898 entschied man sich 1898 für einen Kopfbahnhof mit Personen- und Güterverkehr auf dem Gelände, das zu diesem Zeitpunkt schon vom Dresdner, Thüringer und Magdeburger Bahnhof belegt war. Anfang des 20. Jahrhunderts nahm das Projekt zum Neubau des Leipziger Hauptbahnhofs nach mehreren Expertenrunden endgültig seine Formen an. Im Wesentlichen stützte sich der Bau auf ein zwischen 1898 und 1902 ausgehandeltes Vertragssystem zwischen dem Leipziger Stadtrat in Vertretung der Stadtgemeinde auf der einen Seite und der Königlich Preußischen Eisenbahndirektion, der Königlichen Generaldirektion der Sächsischen Staatsbahnen in Vertretung des Staatsfiskus im Königreich Sachsen und dem deutschen Reichspostfiskus, vertreten durch die Kaiserliche Oberpostdirektion Leipzig, auf der anderen Seite.

Der neue Hauptbahnhof in Leipzig, Ansichtskarte aus dem Jahr 1916
Der neue Hauptbahnhof in Leipzig, Ansichtskarte aus dem Jahr 1916 / Quelle: http://www.zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG

Der Hauptvertrag auf der preußischen Seite, wo die einzelnen Schritte des Baus genau geregelt waren, wurde am 22. Mai 1902 unterschrieben. Vorausgegangen waren in den Jahren 1898 und 1900 Verkäufe von Grund und Boden durch die Stadt Leipzig. Für die 211.873 Quadratmeter Fläche, die für den Bau des Hauptbahnhofs inklusive der Gleisanlagen benötigt wurde, belief sich der Erlös auf 5.727.595 Mark, was fast 10 Prozent der gesamten Bausumme für den Bahnhof betrug. Im besonderen Teil des 1902 unterschriebenen Vertrags wurden auch die Verlegung der Parthe und die Verbreiterung der Blücherstraße (Kurt-Schumacher-Straße) auf 30 Meter geregelt. Der Architekturwettbewerb für den Bau des Empfangsgebäudes wurde im Jahre 1906 ausgelobt. Die Preise des Wettbewerbs, für den alle deutschen Architekten zugelassen wurden, betrugen 32.500 Mark, dazu waren 3.000 Mark für Ankäufe vorgesehen. An dem Wettbewerb nahmen insgesamt 76 Architekten teil. Die Ausschreibung war von einem hoheitlichen Aspekt dominiert, da die Sächsische Staatsbahn und die preußischen Eisenbahndirektionen gleichzeitig das Gebäude nutzen sollten. Daher war eine symmetrische Gestaltung mit zwei zusammenhängenden Bahnhofshälften vorgezeichnet, von denen die eine durch die preußischen Bahnen und die andere durch die Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen betrieben wurde.

Hauptbahnhof (1918)
Hauptbahnhof (1918) / Quelle: http://www.zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG

Der erste Preis des Wettbewerbs wurde an den Entwurf Wahrheit, Klarheit, Licht und Luft von Jürgen Kröger in Berlin und an den Entwurf Licht und Luft von William Lossow und Max Hans Kühne in Dresden vergeben. Der zuletzt genannte Entwurf konnte sich letztendlich durchsetzen, da die Juroren folgendes lobten:

  • er sei sorgfältig ausgearbeitet,
  • nutze den Ausschreibungsspielraum geschickt aus,
  • überzeuge mit vorzüglicher Licht- und Luftzuführung,
  • einer einwandfreien Zugänglichkeit der Diensträume,
  • guter Anlage der Wohnungen und
  • monumentaler Gestaltung der Eingangshallen.

Folgendes wurde jedoch bemängelt:

  • die nicht ausreichende Größenabmessung zweier Wartesäle,
  • die Gestaltung der beiden Seitenausgänge und
  • die Anordnung des Zugangs des Fürstenzimmers vom Bahnsteig aus. Ein von Lossow und Kühne beigelegter Nebenentwurf mit hohen Türmen über den Eingangshallen wurde aus finanziellen Gründen verworfen. Nach kleinen Korrekturen am Entwurf entstand der Leipziger Hauptbahnhof als Kopfbahnhof in seiner heute bekannten Form.
Alte Ansichtskarte vom Hauptbahnhof, 1914
Alte Ansichtskarte vom Hauptbahnhof, 1914 / Quelle: http://www.zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG

Der im Dresdner Büro der beiden Architekten arbeitende Architekt Rudolf Bitzan sah sich als eigentlichen Schöpfer des architektonischen Entwurfes und bestritt die Autorenschaft von Lossow und Kühne. Bitzans Beitrag zum Entwurf ist nach einigen Publikationen aber noch zu klären. Bereits während der Planungsphase wurde der Thüringer Bahnhof als erster der noch bestehenden alten Bahnhöfe am 1. Oktober 1907 geschlossen und abgetragen, um an dieser Stelle unverzüglich als Erstes mit dem Neubau beginnen zu können. Danach wurde der Zugverkehr auf den Magdeburger Bahnhof verlagert, der sich nun Provisorischer Thüringer Bahnhof nannte.

Hauptbahnhof - Empfangshalle, Ansichtskarte, ohne Jahresangabe
Hauptbahnhof – Empfangshalle, Ansichtskarte, ohne Jahresangabe / Quelle: http://www.zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG

Neubau und schrittweise Inbetriebnahme

Den 1909 initiierten Wettbewerb für die Bahnsteighalle gewannen die Ingenieure Eilers und Karig. Karig erstellte den Vorentwurf, der von Louis Eilers abschließend bearbeitet wurde. Eilers, der Unternehmer war und eine Firma in Hannover-Herrenhausen besaß, lieferte dann gleichzeitig die Konstruktionsteile. Die Grundsteinlegung des Bahnhofs fand am 16. November 1909 in der südwestlichen Ecke des Empfangsgebäudes statt. Die Fertigstellung war zu diesem Zeitpunkt für das Jahr 1914 vorgesehen. Da aber die Bauarbeiter 1911 für höhere Löhne streikten, wurde der Bahnhof erst 1915 fertiggestellt. In einer Kapsel, die in das Fundament eingemauert wurde, befinden sich neben Münzen und Tageszeitungen auch der Kostenvoranschlag für den Hauptbahnhof und Unterlagen zum Architekturwettbewerb. Dies sollte nachfolgenden Generationen die damalige Budgetdisziplin aufzeigen.

Hauptbahnhof - Querbahnsteig, Ansichtskarte, ohne Jahresangabe
Hauptbahnhof – Querbahnsteig, Ansichtskarte, ohne Jahresangabe / Quelle: http://www.zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG

Der Zugverkehr hatte während der Bauphase Priorität und wurde nicht unterbrochen. Lediglich der Güterverkehr wurde größtenteils vorübergehend aus dem Zentrum der Stadt hinaus verlagert. Da der Abbruch der alten und der Bau der neuen Bauwerke parallel abliefen, musste der Zugverkehr immer wieder verlagert werden. Schwierigkeiten bereitete der morastige Baugrund des Hauptbahnhofs. Um ausreichende Stabilität zu erreichen, mussten 3125 Gründungspfähle aus Stahlbeton sieben Meter tief in die Erde getrieben werden. Der Wasserlauf der Parthe wurde für den Bau unter die Erde verlegt und umgeleitet, um einen entsprechenden Geländeschnitt zu erhalten. Nachdem die Westseite des Hauptbahnhofs auf dem ehemaligen Terrain des Thüringer Bahnhofs Konturen angenommen hatte, wurden die Hochbauten des provisorischen Thüringer Bahnhof bzw. des vormaligen Magdeburger Bahnhofes abgebrochen.

Hauptbahnhof - Wartesaal, Ansichtskarte, ohne Jahresangabe
Hauptbahnhof – Wartesaal, Ansichtskarte, ohne Jahresangabe / Quelle: http://www.zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG

Der Abriss der alten Bahnhöfe zog sich von 1907 bis 1913 hin. Während der alte Dresdner Bahnhof noch genutzt wurde, wurde die Westhalle schon in Betrieb genommen. Am Gleis 1 im westlichen Seitenschiff fuhr der erste Zug am 1. Mai 1912 aus Corbetha ein. Die Lok war eine preußische P 4 mit der Bahnnummer 1930 Halle. Gleichzeitig wurden die Züge von und nach Zeitz und weiter zu den neugebauten Anlagen verlegt. Zu diesem Zeitpunkt waren vier Bahnsteige mit sechs Gleisen nutzbar. Immer mehr Zugverbindungen wurden 1912 und 1913 vom noch nicht fertiggestellten Hauptbahnhof übernommen: 20. September 1912 die Verbindung Leipzig–Halle vom Berliner Bahnhof 1. Oktober 1912 die Verbindung aus Richtung Berlin vom Bayerischen und Berliner Bahnhof, sowie die Schnell- und Eilzugverbindung aus Richtung Hof vom Bayerischen Bahnhof 1. Februar 1913 die Verbindungen von und nach Chemnitz und Dresden. Danach wurden zur endgültigen Schaffung der Baufreiheit auch die Bauten des Dresdener Bahnhofes beseitigt.

Leipzig - Hauptbahnhof (1966)
Leipzig – Hauptbahnhof (1966) / FOTO:FORTEPAN / Orosz Heléna [CC BY-SA 3.0]

Mit der Teilinbetriebnahme des Hauptbahnhofs wurde auch der Fernverkehr in Richtung Cottbus vom zwei Kilometer entfernten preußischen Eilenburger Bahnhof auf die neue Station verlagert. Die festliche Einweihung des Bahnhofs mit der Schlusssteinsetzung auf der Empore der Osthalle fand am 4. Dezember 1915 statt. Der Schlussstein mit dem eingemeißelten Schriftzug Schlußstein 4. Dezember 1915 war der Grundstein des Dresdner Bahnhofs. Zu dieser Zeit war der Hauptbahnhof Leipzig einer der größten Bahnhöfe der Welt, mit 26 Gleisen in der Bahnhofshalle und weiteren fünf Außenbahnsteigen. Die Gesamtsumme für den kompletten Umbau der Bahnanlagen inklusive Bahnhof betrug 137,05 Millionen Mark, wobei auf den Bau des Hauptbahnhof-Gebäudes 60,75 Millionen Mark entfielen. Aufgeteilt wurde diese Summe auf Sachsen mit 54,53 Millionen Mark, Preußen mit 55,66 Millionen Mark, die Reichspostverwaltung mit 5,76 Millionen Mark und die Stadt Leipzig mit 21,1 Millionen Mark. Die Grundfläche von Empfangsgebäude und Bahnsteighalle beträgt 83.640 Quadratmeter, der umbaute Raum circa 1,5 Millionen Kubikmeter, die Breite des Querbahnsteigs 270 Meter. Die verarbeiteten Baustoffmengen werden mit 625 Tonnen Glas, 34.000 Tonnen Zement, 7.000 Tonnen Eisenteile angegeben. Während auf der preußischen Seite die vorhandenen Stellwerksanlagen lediglich angepasst wurden, setzte die Sächsische Staatseisenbahn auf das Modernste, was seinerzeit erhältlich war. So entstanden die Befehlsstellwerke 1 und 2 und einige Wärterstellwerke als elektromechanische Stellwerke der Bauart 1907. Die betriebliche Trennung nach Eisenbahnnetzen existierte auch nach der Gründung der Deutschen Reichsbahn im Jahr 1920 fort. So war die Reichsbahndirektion Halle für den ehemals preußischen Teil zuständig, die RBD Dresden für den ehemals sächsischen. Erst 1934 wurde dann der ganze Bahnhof der RBD Halle zugeordnet. Im Sommerfahrplan 1939 verzeichnete der Bahnhof zusammen 156 Ankünfte und Abfahrten regelmäßig verkehrender Fernzüge. Er war damit, nach Berlin, Köln und Frankfurt am Main, der viertbedeutendste Fernzugknoten im Netz der Deutschen Reichsbahn.

Nach einer Probefahrt am 31. Mai wird im Juni der elektrische Zugbetrieb auf der Strecke Leipzig-Bitterfeld dem fahrplanmässigen Verkehr übergeben. Damit ist ein weiterer Teilabschnitt im Elektrifizierungsprogramm des mitteldeutschen Raumes fertiggestellt, der der Forderung des zweiten Fünfjahrplanes, die Transportleistungen der Deutschen Reichsbahn auf 132 Prozent zu steigern, gerecht wird. UBz: Die Lok vom Typ E 44 nach der Probefahrt von Bitterfeld nach Leipzig am 31.5. 1958 im Leipziger Hauptbahnhof.
Nach einer Probefahrt am 31. Mai wird im Juni der elektrische Zugbetrieb auf der Strecke Leipzig-Bitterfeld dem fahrplanmässigen Verkehr übergeben. Damit ist ein weiterer Teilabschnitt im Elektrifizierungsprogramm des mitteldeutschen Raumes fertiggestellt, der der Forderung des zweiten Fünfjahrplanes, die Transportleistungen der Deutschen Reichsbahn auf 132 Prozent zu steigern, gerecht wird. UBz: Die Lok vom Typ E 44 nach der Probefahrt von Bitterfeld nach Leipzig am 31.5. 1958 im Leipziger Hauptbahnhof. Bundesarchiv, Bild 183-55956-0008 / CC-BY-SA 3.0 [CC BY-SA 3.0 de]

Im Zweiten Weltkrieg

1940 wurde auf der ehemals preußischen Westseite das Stellwerk 3 als Ersatz für das alte Reiterstellwerk W-O gebaut. Es wurde als elektromechanisches Vierreihenhebelwerk der Bauform VES ausgeführt. Bei dem ersten schweren Luftangriff auf Leipzig der Royal Air Force am 4. Dezember 1943 trafen einige Bomben den Bahnhof bzw. das Bahnhofsgelände. Eine große Anzahl von Güter- und Expressgutwagen brannte aus (rund um den Expressgutschuppen zu beiden Seiten der Bahnsteighalle). Der Angriff der 8. US-Luftflotte am 7. Juli 1944 verursachte schwerste Beschädigungen vor allem an der Westhalle und der Querbahnsteighalle. 46,2 Tonnen Bomben trafen an diesem Tag den Bahnhof, wobei zunächst einer der stützenden Abschlussbögen aus Stahlbeton brach. Dadurch kam es in den folgenden 20 Minuten zu einer Kettenreaktion, bei der die Stahlbetonbögen zwischen den Hallenschiffen und das Dach der Querbahnsteighalle komplett einstürzten. Die Osthalle blieb weitgehend unversehrt. An diesem Tag starben in den Luftschutzkellern zwischen den Bahnsteigen hunderte Eisenbahner und Reisende. Ab Februar 1945 war der Zugverkehr durch die Zerstörungen erheblich eingeschränkt, im April 1945 kam er vollständig zum Erliegen.

Leipzig Hauptbahnhof im August 1988
Leipzig Hauptbahnhof im August 1988, Felix O [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons

Nachkriegszeit

Die Trümmerbeseitigung auf den Bahnsteigen ermöglichte zunächst die Wiederaufnahme des Zugverkehrs ab Ende Mai 1945. Unmittelbar vor dem Hauptbahnhof und in der klaffenden Lücke des zerstörten Querbahnsteigs auf der Ebene der einstigen Gepäckanlagen fuhren Trümmerbahnen. Innerhalb von mehr als sechs Jahren mussten 20.000 Sprengungen ausgeführt und 30.000 Kubikmeter Schutt beseitigt werden. Die Sprengungen waren nötig, um die Stahlbetontrümmer so weit zu verkleinern, dass sie abtransportiert werden konnten. Zur ersten Friedensmesse im März 1946 waren einige Bahnsteige wieder komplett betretbar und 1947 anlässlich der Frühjahrsmesse war der Querbahnsteig wieder teilweise nutzbar. 1948 folgten die wichtigsten Ausbesserungen am Querbahnsteig. Zur Herbstmesse waren 7.000 Quadratmeter wiederhergestellt. 1949 war die Osthalle im Wesentlichen wiederhergestellt. Im Jahr darauf erreichte die neu gezogene Betondecke in der Querbahnsteighalle 9.000 Quadratmeter. Nach Beendigungen der Arbeiten am Querbahnsteig wurde in den Jahren 1950/51 die Westhalle wiederaufgebaut und am 15. August 1951 unter Anwesenheit von sowjetischen Offizieren feierlich eingeweiht und dem Verkehr übergeben. Im Gegensatz zum Empfangsgebäude blieb die Bahnsteighalle bis zehn Jahre nach dem Krieg ohne Bedachung. Dieser Zustand änderte sich mit dem Beschluss des Ministerrates der DDR zum vollständigen Aufbau des Leipziger Hauptbahnhofes. 1954 wurden hierfür 60 Millionen Mark eingeplant. Ab 1955 drehten sich die Baukräne über der Bahnsteighalle. Man begann mit der Verglasung der Seitenwände entlang der Randbahnsteige. Danach waren die sechs Hallenschiffe an der Reihe, wobei im mittleren Bereich (Bahnsteige 10 bis 18) mit der Verglasung des Daches begonnen wurde. Alle sechs Hallen mit einer Überdachung von 60.000 Quadratmeter waren zur Herbstmesse 1957 fertiggestellt, wobei die Verglasung des Daches bis 1961 dauerte. Nach Abschluss der Arbeiten an der Bahnsteighalle kam die Querbahnsteighalle an die Reihe. Begonnen wurde mit dem schwierigen originalgetreuen Wiederaufbau der zerstörten Abschlussbögen. Nachdem die Pfeiler in 18 Metern Tiefe gegründet waren, wurden die Bögen in traditioneller Geometrie betoniert.

Leipzig - Hauptbahnhof und das Wintergartenhochhaus im August 1988
Leipzig – Hauptbahnhof und das Wintergartenhochhaus im August 1988, Sludge G [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons
Hauptbahnhof - S-Bahn-Zug Richtung Miltitzer Allee auf Gleis 7 (1992)
Hauptbahnhof – S-Bahn-Zug Richtung Miltitzer Allee auf Gleis 7 (1992), Falk2 [GFDL or CC BY 3.0], from Wikimedia Commons

Die Querbahnsteighalle erhielt ein anderes Aussehen mit großen Glasflächen im oberen Teil und hatte 1960 wieder ein komplettes Dach. Die Reparatur des Querbahnsteigs dauerte bis 1963, wobei dieser um sechs Meter verbreitert wurde, indem die Bahnsteigsperren und Aufzugtürme für das Reisegepäck entfernt wurden. Um 1960 wurden zudem die Signalanlagen auf Lichtsignale umgerüstet. Dabei kam das seinerzeit neue Hl-Signalsystem zum Einsatz, teilweise mit in Reihe geschalteten Haupt- und Nebenfäden der Signallampen unter Beibehaltung der von den Formsignalen stammenden 136-V-Stromversorgung. Die komplette Wiederherstellung des Bahnhofs sollte bis zum 4. Dezember 1965 dauern. Schon am 9. September 1965 schrieb die Leipziger Volkszeitung, Zitat: „Alles addiert, all das durchdacht, wird der Leipziger Hauptbahnhof – aus Ruinen neu, schöner entstanden – zu einem aussagekräftigen Symbol für das Aufbauwerk seit 1945, für den Elan, der Leipzigs fleißige Bürger beflügelt.“ – Leipziger Volkszeitung vom 9. September 1965 Nach dem Zweiten Weltkrieg galt für die Reichsbahn die Richtlinie, stark zerstörte Bahnhofshallen nicht wieder aufzubauen. Da jedoch der Leipziger Hauptbahnhof besonders für westliche Messegäste eine Schaufenster- und Repräsentationsfunktion besaß, wurde ein weitestgehend originalgetreuer Wiederaufbau angestrebt. Die Reichsbahn wurde für diesen Aufbau im In- und Ausland gelobt, dies traf auch auf die Leipziger Bevölkerung und die Messegäste zu. Mit zusammen 185 regelmäßigen An- und Abfahrten pro Tag im Fernverkehr war der Hauptbahnhof, nach dem Knoten Berlin, im Sommerfahrplan 1989 der zweitbedeutendste Knoten im Netz der Deutschen Reichsbahn. Am 15. Mai 1960 kam es wegen Fehlhandlungen von Stellwerkspersonal zum Zusammenstoß zweier Reisezüge im Einfahrbereich des Bahnhofs.

 

Hauptbahnhof (2017)
Hauptbahnhof (2017)
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