Die Karl-Tauchnitz-Brücke in Leipzig: Geschichte einer verlorenen Verbindung
Die Karl-Tauchnitz-Brücke war eine Brücke in Leipzig, die im Jahr 1891 errichtet und bis 1957 genutzt wurde. Sie verband die Innenstadt mit dem entstehenden Musikviertel und wurde nach dem Leipziger Verleger und Stifter Carl Christian Philipp Tauchnitz (1798–1884) benannt.
Lage und Architektur
Die Karl-Tauchnitz-Brücke verband die Karl-Tauchnitz-Straße, die 1885 benannt wurde, mit dem Obstmarkt und der Straße An der Pleiße (seit 1933 Martin-Luther-Ring). Sie stellte eine wichtige Verbindung zwischen der Innenstadt und dem neuen Musikviertel her. Nördlich der Karl-Tauchnitz-Brücke lag die Schlossbrücke, während sich im Süden die Harkort-Brücke befand.
Die Brücke überspannte den Pleißemühlgraben, der hier etwa acht Meter breit war, und bestand aus Stahlträgern, die eine Balkenkonstruktion bildeten. Ihre Seiten waren durch kunstvolle Schmiedegitter begrenzt, und an der östlichen Seite wurden zwei Obelisken mit jeweils zwei Gaslaternen aufgestellt, die der Brücke ein markantes Erscheinungsbild verliehen.
Historische Entwicklung
Die Stelle, an der die Karl-Tauchnitz-Brücke errichtet wurde, war historisch bedeutend. Über 600 Jahre lang befand sich hier die Nonnenmühle, die von den Nonnen des Georgenklosters betrieben wurde. 1890 musste die Mühle dem Bau der Brücke weichen. Im Jahr 1891 wurde die Brücke fertiggestellt, und es entstand eine Debatte über ihren Namen. Die Stadtverwaltung schlug ursprünglich den Namen Nonnenbrücke vor, um an die Mühle zu erinnern. Doch die Leipziger Bevölkerung setzte sich durch und nannte die Brücke nach dem Verleger Tauchnitz, was 1896 schließlich auch offiziell anerkannt wurde. Mit der Einführung der Duden-Rechtschreibung zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Name von Carl-Tauchnitz-Brücke zu Karl-Tauchnitz-Brücke geändert.
Abriss und Folgen
Bereits 50 Jahre nach ihrer Errichtung war die Zukunft der Karl-Tauchnitz-Brücke besiegelt. Durch die Verschlechterung der Wasserqualität im Pleißemühlgraben aufgrund der Braunkohleindustrie im Süden von Leipzig wurde der Graben ab 1955 überwölbt. Da die Brücke nicht mehr benötigt wurde, begann 1957/58 ihr Abriss. Auch die beiden markanten Obelisken wurden 1962 entfernt.
Im Rahmen der verkehrlichen Neugestaltung wurde 1964 die Friedrich-Ebert-Straße an die Karl-Tauchnitz-Straße angeschlossen, und seitdem führt auch eine Straßenbahn über die ehemalige Stelle der Karl-Tauchnitz-Brücke.
Wiederentdeckung des Pleißemühlgrabens
Ab 1997 wurde der Pleißemühlgraben etappenweise wieder freigelegt, und im Jahr 2000 erfolgte die Wiedereröffnung des Teilstücks südlich der ehemaligen Karl-Tauchnitz-Brücke. Doch an der Stelle der Brücke verschwindet der Graben weiterhin in einer Überwölbung, und die Brücke bleibt ein verlorenes Stück Leipziger Stadtgeschichte.
Fazit
Die Karl-Tauchnitz-Brücke war über Jahrzehnte eine wichtige Verbindung in Leipzig. Obwohl sie heute nicht mehr existiert, bleibt sie ein Symbol für den Wandel und die Entwicklung des Leipziger Stadtbilds im 19. und 20. Jahrhundert.