Minerva zu den drei Palmen: Eine der ältesten Freimaurerlogen in Deutschland
Gründung und Entwicklung der Loge
Die Freimaurerloge Minerva zu den drei Palmen in Leipzig ist eine der ältesten Logen in Deutschland, deren Geschichte bis ins Jahr 1741 zurückreicht. Am 20. März 1741 wurde in Leipzig eine zunächst namenlose Freimaurerloge gegründet. Diese nahm noch im Gründungsjahr den Namen „Aux trois compas“ (deutsch: Zu den drei Zirkeln) an und arbeitete, dem Zeitgeschmack entsprechend, in französischer Sprache. Bereits 1745 stellte diese Loge ihre Arbeit offiziell wieder ein.
Im Jahr 1746 entstand die deutschsprachige Loge „Minerva zum Circul“, die 1747 Teile der aufgelösten Loge übernahm. Andere Mitglieder setzten ihre Arbeit im Geheimen fort. Schließlich wurde im Jahr 1766 die Loge Minerva zu den drey Palmen gegründet. Dank der Unterstützung des einflussreichen Gönners Karl Herzog von Kurland konnte diese Loge die im Verborgenen arbeitende Gruppe auflösen und in sich aufnehmen.
Durch die verschiedenen Auflösungen, Übernahmen und Vereinigungen führte die Minerva zu den drei Palmen ihr Gründungsjahr auf 1741 zurück, was sie zur zehntältesten deutschen Loge machte. Die Loge entwickelte sich zu einer der größten Freimaurerlogen in Deutschland und zählte angesehene Persönlichkeiten wie Kaufleute, Universitätsprofessoren, Verleger, Schriftsteller und bildende Künstler zu ihren Mitgliedern. Von der Leipziger Loge gingen mehrere Gründungen in Sachsen und Thüringen aus.
Soziales Engagement der Loge
Gemäß dem freimaurerischen Prinzip der Brüderlichkeit engagierten sich die Mitglieder der Loge auch in sozialen Belangen. Ein bemerkenswertes Beispiel ist die Linderung der Hungerkatastrophe von 1770/71, bei der die Loge Armenfürsorge und Unterstützung für Waisen leistete. Im 19. Jahrhundert setzte sich die Loge ebenfalls für wohltätige Zwecke ein, unter anderem während der Völkerschlacht von 1813, als Mitglieder der Loge halfen, das Leid zu lindern, und ihr Logenhaus für die Schüler der zerstörten Bürgerschule öffneten.
Weitere soziale Initiativen waren die Gründung einer Begräbnis-Unterstützungskasse im Jahr 1843 und der Witwen- und Waisen-Pensionsverein im Jahr 1870, der von Carl Gustav Thiem ins Leben gerufen wurde. Auch die Mahlmann-Stiftung, die 1896 gegründet wurde, ging auf die Initiative der Loge zurück. Diese Stiftung setzte ihren Zinsertrag für wohltätige Zwecke in Leipzig ein und wurde in Erinnerung an den ehemaligen Meister vom Stuhl, Siegfried August Mahlmann, gegründet.
Architektur und Logenhäuser
Die Versammlungen der Loge fanden in ihren Anfängen in öffentlichen Wirtshäusern und Kaffeehäusern statt, darunter das „Zum goldenen Schiffe“ in der Kleinen Fleischergasse und das „Hôtel de Bavière“ in der Petersstraße. Im Jahr 1774 erwarb die Loge schließlich ihr erstes eigenes Logenhaus, das Wein- und Kaffeehaus des Gastronomen Francesco Venoni in der Schulstraße neben der Pleißenburg.
Das ursprüngliche Logenhaus wurde im Laufe der Jahre mehrfach umgebaut und erweitert. Zwischen 1884 und 1886 kam es zu einem vollständigen Neuaufbau des Logenhauses durch den Architekten Max Bösenberg. Dieses neue Gebäude war im Stil der Neorenaissance gehalten und bot moderne Versammlungs-, Verwaltungs- und Festräume. Im Jahr 1905 bezog die Loge ein neues, repräsentativeres Gebäude in der Weststraße, das von den Architekten Händel & Franke errichtet wurde. Es lag gegenüber dem Neuen Rathaus und war mit einem Festsaal und zahlreichen Versammlungsräumen ausgestattet.
Zäsur unter dem Nationalsozialismus und Wiedergründung
Während der Herrschaft der Nationalsozialisten geriet die Loge unter starken Druck. Im Jahr 1933 wandelte sie sich in den „Christlichen Orden Deutscher Dom“ um, um sich den neuen politischen Bedingungen anzupassen. Diese Umformung war jedoch nur von kurzer Dauer, da die Loge bereits 1935 liquidiert und aus dem Genossenschaftsregister gestrichen wurde. Das Logengebäude wurde enteignet und im Jahr 1937 an das Leipziger Messeamt übergeben, das es als „Haus der Nationen“ nutzte.
Während des alliierten Luftangriffs auf Leipzig am 20. Februar 1944 wurde das Gebäude schwer beschädigt und teilweise zerstört. Die Ruine wurde schließlich 1957 abgerissen, und das Grundstück blieb lange Zeit unbebaut.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde auf Initiative der Loge Friedrich zum Weißen Pferd aus Hannover im Jahr 1990 mit den Vorbereitungen zur Wiedergründung der Minerva zu den drei Palmen begonnen. Am 18. November 1990 fand die Gründungsversammlung statt, und am 7. März 1991 wurde die Loge erneut in das Vereinsregister eingetragen. Sie war damit die erste ostdeutsche Freimaurerloge nach der Wende. Zunächst konnte die Loge einen Tempel in der Kurt-Schumacher-Straße beziehen, bevor sie schließlich in eine Villa in der Naunhofer Straße 75 umzog, wo sich heute das Logenhaus befindet.
Kulturelle Aktivitäten
Seit 2008 ist die Loge auch kulturell aktiv und veranstaltet im Rahmen der Leipziger Buchmesse die sogenannte „Leipziger Buchloge“ in den Katakomben des Völkerschlachtdenkmals. Diese Veranstaltungen widmen sich der Förderung literarischer und kultureller Diskussionen und zeigen das fortdauernde Engagement der Loge in der Leipziger Gesellschaft.
Bekannte Mitglieder der Loge
Die Loge Minerva zu den drei Palmen zählte über die Jahre zahlreiche prominente Persönlichkeiten zu ihren Mitgliedern, darunter:
- Johann Friedrich Bause, Kupferstecher
- Samuel von Brukenthal, Gouverneur von Siebenbürgen
- Friedrich Burdach, Anatom und Physiologe
- Christian Gottlob Frege, Bankier und Handelsherr
- Samuel Hahnemann, Arzt und Begründer der Homöopathie
- Christian Gottfried Körner, Schriftsteller und Jurist
- Moritz Schreber, Arzt und Namensgeber der Schrebergärten
- Anton Philipp Reclam, Verleger und Buchhändler
Fazit
Die Freimaurerloge Minerva zu den drei Palmen ist nicht nur eine der ältesten Logen Deutschlands, sondern auch eine, die durch ihre Geschichte, ihre Mitglieder und ihr Engagement maßgeblich zur Entwicklung Leipzigs beigetragen hat. Von ihrer Gründung im Jahr 1741 bis zur Wiederbelebung nach der Wende zeigt ihre Geschichte eine enge Verknüpfung von Tradition, sozialem Engagement und kultureller Bedeutung.