Thiemes Hof: Vom historischen Wohngebäude zum modernen Wohnkomplex Garten-Carré

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Thiemes Hof: Vom historischen Wohngebäude zum modernen Wohnkomplex Garten-Carré

 Thiemes Hof in einer Luftaufnahme von ca. 1930 (Ausschnitt) / Public Domain
Thiemes Hof in einer Luftaufnahme von ca. 1930 (Ausschnitt) / Public Domain

Lage und Gestalt

Thiemes Hof, ein markantes Wohngebäude aus den 1870er Jahren, befand sich in der Ostvorstadt von Leipzig an der Querstraße 26/28, in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt, nur etwa 200 Meter vom Georgiring entfernt. Der Gebäudekomplex erstreckte sich zwischen der Karlstraße (heute Büttnerstraße) und dem Bereich von Czermaks Garten.

Der Hof bestand aus zwei langen, viergeschossigen Gebäuden, die mit ihren Giebeln zur Querstraße ausgerichtet waren und in der Mitte durch einen Querbau miteinander verbunden wurden. Dadurch entstanden zwei voneinander getrennte Hofbereiche, die zur Straße hin offen waren. Aufgrund des nicht rechtwinkligen Straßenverlaufs waren die Außenseiten der Gebäude nicht parallel. Diese Unregelmäßigkeit wurde im vorderen Hof durch eine zunehmende Breite des rechten Flügels ausgeglichen, während im hinteren Hof der nicht parallele Verlauf auf den Hof übertragen wurde. Die Gebäude verfügten über ein Souterrain, einen niedrigen Dachbodenbereich und ein Flachdach. Später wurde der Mittelteil des Gebäudes um ein weiteres Stockwerk mit Mansarddach erweitert. Die Fassaden wiesen klassizistische Architekturelemente auf.

Thiemes Hof (markiert) auf einem Ausschnitt aus dem Stadtplan von Leipzig von 1884 / Public Domain
Thiemes Hof (markiert) auf einem Ausschnitt aus dem Stadtplan von Leipzig von 1884 / Public Domain

Geschichte

Ursprung und Bau

Im Jahr 1872 hatte Professor Johann Nepomuk Czermak in seinem Garten ein Spektatorium errichtet. Nach seinem Tod 1873 wurde dieses ins Universitätsviertel an der Brüderstraße umgesetzt, und der Gartenbereich wurde für Neubauten parzelliert. Die Witwe von Czermak, Marie von Lämel-Czermak, Tochter des vermögenden Prager Bankiers Leopold von Lämel, ließ auf einem 4.640 m² großen Grundstück an der Querstraße einen Wohnkomplex errichten, entworfen von dem Leipziger Architekten Otto Steib. 1910 kaufte der Leipziger Schneider und Kaufmann Hugo Alfred Thieme das Gebäude und benannte es in „Thiemes Hof“ um.

Nutzung und Verfall

Thiemes Hof überstand den Zweiten Weltkrieg nahezu unbeschadet und diente danach teilweise auch gewerblichen Zwecken. Die Firma Heinrich Malinski, die hier seit den 1950er Jahren bis 1972 optische Geräte produzierte, war in Thiemes Hof ansässig. Während der DDR-Zeit verfiel die Bausubstanz jedoch zunehmend, und nach der Wiedervereinigung Deutschlands glich das gesamte Viertel rund um Thiemes Hof einer „Ruinenlandschaft“.

1991 erwarb der Bauunternehmer Jürgen Schneider die Immobilie für 15 Millionen DM von einer Erbengemeinschaft mit dem Plan, dort ein Einkaufs- und Geschäftszentrum zu errichten. Nach Schneiders Konkurs 1994 übernahm die Firma MIB die Immobilie mit der Absicht, eine Seniorenresidenz zu errichten, ging jedoch ebenfalls in Konkurs. Der Zustand des Gebäudes verschlechterte sich so stark, dass es 2003 abgerissen werden musste.

Bereich von Thiemes Hof 2013 / <a href="https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Czernaks_Garten_Leipzig_August_2013_018.JPG">Don-kun</a>, <a href="https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0">CC BY-SA 3.0</a>, via Wikimedia Commons
Bereich von Thiemes Hof 2013 / Don-kun, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Neuentwicklung: Das Garten-Carré

Nach dem Abriss von Thiemes Hof wurde das Gelände zunächst in eine Grünfläche umgewandelt, ein Projekt, das unter der Leitung der LESG mbH als Vergabe-ABM durchgeführt wurde und 870.000 Euro kostete. Diese Fläche wurde aufgrund der hohen Kosten oft als „die teuerste Wiese der Stadt“ bezeichnet.

Im Jahr 2016 begann auf dem ehemaligen Gelände von Thiemes Hof der Bau einer modernen Wohnanlage nach Plänen der Leipziger S&P Sahlmann Planungsgesellschaft für Bauwesen mbH. Die Errichtung übernahm die Leipziger Firma ImmVest Wolf GmbH. Die neue Wohnanlage, die unter Anschluss an bestehende Bauten an der Büttnerstraße entstand, umfasst vier- bis sechsgeschossige Gebäude, die einen Innenhof von etwa 2.500 m² umschließen. Dieser Innenhof bietet Grünflächen, Sitzbänke und Spielplätze und bildet das Herzstück des neuen Wohnkomplexes.

Etwa gleiche Richtung 2019 / <a href="https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lzg._Garten-Carr%C3%A9_1.jpg">Martin Geisler</a>, <a href="https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0">CC BY-SA 4.0</a>, via Wikimedia Commons
Etwa gleiche Richtung 2019 / Martin Geisler, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

In Anlehnung an den früheren Czermaks Garten, zu dem das Gelände gehörte, und die angrenzende Straße gleichen Namens, erhielt die Anlage den Namen Garten-Carré. Im Jahr 2018 zogen die ersten Mieter in den neuen Wohnkomplex ein, der heute eine moderne und begehrte Wohnadresse in Leipzig darstellt.

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