Der Schlachthof in Leipzig: Über ein Jahrhundert im Dienst der städtischen Fleischversorgung
Einführung
Der Städtische Vieh- und Schlachthof in Leipzig, häufig einfach als „Schlachthof“ bezeichnet, spielte über 100 Jahre lang eine zentrale Rolle in der Versorgung der Stadt mit Fleisch- und Wurstwaren. Seine Geschichte spiegelt die Entwicklung Leipzigs von einer wachsenden Stadt des 19. Jahrhunderts zu einem wichtigen Standort der Fleischverarbeitung in der DDR wider.
Lage des Schlachthofs
Der Schlachthof befand sich in der südlichen Vorstadt Leipzigs, am Ende der Kantstraße. Im Westen wurde er von der Altenburger Straße und im Süden von der Richard-Lehmann-Straße (ehemals Kaiserin-Augusta-Straße) begrenzt. Im Osten und Norden schlossen die Gleisanlagen der Sächsisch-Bayerischen Eisenbahn und des Kohlebahnhofs an, die für den Betrieb des Schlachthofs essenziell waren, da sie den notwendigen Gleisanschluss bereitstellten.
Die innerstädtische Anbindung des Schlachthofs erfolgte ab 1889 über eine Pferdebahntrasse, die den Schlachthof als Endstation hatte. Ab 1896 wurde diese Strecke elektrisch betrieben, und die Endstation bestand bis 1935.
Historische Entwicklung
Frühe Schlachtstätten in Leipzig
Bereits 1655 wurde nordwestlich der Stadt, vor dem Ranstädter Tor am Ufer des Pleißemühlgrabens, der erste Schlachthof Leipzigs errichtet. Der davorliegende Platz erhielt daher den Namen Fleischerplatz. Mit dem Wachstum der Stadt und dem damit verbundenen Anstieg des Schlachtviehaufkommens wurden ab den 1860er-Jahren die Tiere im Ratsgut Pfaffendorfer Hof untergebracht, das bald den Beinamen „Fettviehhof“ erhielt. Doch auch diese Einrichtung reichte bald nicht mehr aus, um den Bedürfnissen der rapide wachsenden Bevölkerung gerecht zu werden.
Bau und Erweiterung des Schlachthofs
Nach zweijähriger Bauzeit wurde am 11. Juli 1888 der neue städtische Vieh- und Schlachthof in der Südvorstadt eröffnet. Die Planung und Ausführung lagen in den Händen von Hugo Licht, dem Leiter des Leipziger Hochbauamts. Der Schlachthof erstreckte sich über ein Gelände von 113.700 m², wovon anfangs 20.000 m² überbaut waren. Zu den Einrichtungen gehörten Schlachthallen, Markthallen, Ställe, ein Kühl- und ein Düngerhaus, eine Sanitäranlage, eine Börse und ein Verwaltungsgebäude. Die Gebäude waren durch ihre einheitliche Gestaltung mit gelben Klinkerfassaden gekennzeichnet.
Bereits 1891 war eine erste Erweiterung des Schlachthofs notwendig, und bis 1913 wuchs die überbaute Fläche auf 50.000 m² an. Der letzte große Neubau erfolgte 1936, als eine moderne Rinderschlachthalle entlang der Altenburger Straße errichtet wurde.
Der Schlachthof in der DDR-Zeit
Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich der Schlachthof zu einem der größten in der DDR. Unter dem Namen „Delicata“ wurde er zum Hauptbetrieb des „VEB Fleischkombinats Leipzig“. Zwischen 1974 und 1977 wurde neben dem Schlachtbetrieb ein neuer Fleischverarbeitungsbetrieb errichtet, der sich auf die Herstellung von Fleisch- und Wurstwaren spezialisierte. Dies ermöglichte die Schließung des veralteten Betriebsteils in der Angerstraße.
Niedergang und Schließung
Nach der politischen Wende in der DDR wurde der Schlachthof zunächst in eine kommunale Einrichtung umgewandelt. 1991 übernahm die Südfleisch AG München den Betrieb. Doch die Übernahme endete schnell in einem Konkurs, und am 30. Juni 1991 wurde der Betrieb endgültig geschlossen.
Fazit
Der Städtische Vieh- und Schlachthof in Leipzig war über ein Jahrhundert lang ein zentraler Bestandteil der städtischen Infrastruktur und spielte eine entscheidende Rolle in der Fleischversorgung der wachsenden Stadt. Von seiner Eröffnung im Jahr 1888 bis zu seiner Schließung 1991 spiegelte er die wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen wider, die Leipzig durchlief. Heute bleibt er ein wichtiges Stück der Industriegeschichte der Stadt.