Das Rote Kolleg: Ein Stück Leipziger Universitätsgeschichte
Einleitung
Das Rote Kolleg, früher als Neues Kolleg bekannt, war ein bedeutender Gebäudekomplex der Universität Leipzig, der sich zwischen der Ritterstraße und der Goethestraße erstreckte. Während der Teil an der Ritterstraße erhalten geblieben ist, wurde der Abschnitt an der Goethestraße im Zweiten Weltkrieg zerstört. Das Rote Kolleg gehört zu den historischen Kollegien der Universität Leipzig und hat eine reiche Geschichte, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht.
Geschichte des Roten Kollegs
Die Anfänge: Bau des Neuen Kollegs
Im November 1502 ordnete Herzog Georg eine umfassende Reform der Universität Leipzig an, die auch die bauliche Infrastruktur betraf. In diesem Zusammenhang erhielt die Artistenfakultät ein neues Gebäude. Auf dem Gelände des städtischen Marstalls in der Ritterstraße wurde unter Einbeziehung der Stadtmauer ein Bauwerk mit drei Obergeschossen errichtet. Die Bauarbeiten zogen sich bis zur Fertigstellung und Übergabe im Jahr 1515 hin.
Erweiterung und Namensänderung
Wegen des zunehmenden Platzbedarfs wurde bereits zwischen 1517 und 1520 ein zweites Gebäude parallel zum ersten errichtet, direkt an der Ritterstraße. Das ursprüngliche Gebäude wurde fortan als Hinterhaus, das neue als Vorderhaus bezeichnet. Zusammen bildeten sie das sogenannte Neue Kolleg.
Das Vorderhaus zeichnete sich durch ein sehr steiles Satteldach und Maßwerkverzierungen aus. Im 16. Jahrhundert wurden beide Gebäude weiter ausgebaut und repariert, insbesondere nach den Schäden, die im Schmalkaldischen Krieg entstanden waren. Auch nach dem Dreißigjährigen Krieg wurden umfangreiche Reparaturen durchgeführt, einschließlich des Umbaus des Saales im Erdgeschoss.
Das Rote Kollegium entsteht
Im Jahr 1646 tauchte erstmals der Name „Rotes Kollegium“ auf, vermutlich aufgrund eines roten Farbanstrichs, der für die Gebäude verwendet wurde. Dieser Name setzte sich bis 1662 endgültig durch. Das Rote Kolleg wurde zu einem bekannten Ort, unter anderem als Geburtsstätte des berühmten Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz, der hier am 21. Juni 1646 geboren wurde.
Umbauten und Erweiterungen im 18. und 19. Jahrhundert
Mit dem Abriss der Stadtmauer und der Erweiterung der Stadt im 18. Jahrhundert wurden umfangreiche Umbauten am Roten Kolleg vorgenommen. 1797/98 wurde das Hinterhaus durch den Universitätsbaumeister Carl August Benjamin Siegel um zwei Stockwerke erhöht. Eine weitere bedeutende Veränderung war die Anlage der Straße „Am oberen Park“ im Jahr 1839, die später in Goethestraße umbenannt wurde.
Im Jahr 1891/92 wurde das Vorderhaus des Roten Kollegs abgerissen und nach Zukauf dreier benachbarter Grundstücke an der Ritterstraße von dem Architekten Arwed Roßbach neu errichtet. Der Neubau erinnerte durch seine Giebelaufbauten und die Verwendung roter Fassadenklinker an den ursprünglichen Bau. Die Universität nutzte im neuen Gebäude nur noch die erste Etage, während die übrigen Räume vermietet wurden.
Auch das Hinterhaus an der Goethestraße wurde 1904/05 neu gebaut. Der Architekt Theodor Kösser entwarf eine historisierende Schmuckfassade zur Goethestraße hin. Wie im Vorderhaus wurden auch hier Geschäfts- und Wohnräume vermietet.
Zerstörung und Wiederaufbau
Während der Luftangriffe auf Leipzig im Zweiten Weltkrieg wurde der Gebäudekomplex an der Goethestraße schwer beschädigt und die Reste 1946 abgetragen. Auf dem ehemaligen Areal wurde zwischen 1963 und 1965 das Studentenwohnheim „Jenny Marx“ errichtet, das 433 Plätze bot. Nach umfangreichen Umbauten nutzt die Universitätsverwaltung seit 1994 das Gebäude.
Das erhaltene Vorderhaus in der Ritterstraße wurde in den 1990er Jahren saniert und wird heute von der Universität Leipzig genutzt. Im Erdgeschoss befinden sich Ladengeschäfte, während die Obergeschosse vom Institut für Theaterwissenschaft und der Universitätsverwaltung genutzt werden.
Fazit
Das Rote Kolleg in Leipzig ist ein bedeutendes historisches Bauwerk, das eng mit der Geschichte der Universität Leipzig verbunden ist. Obwohl Teile des ursprünglichen Gebäudekomplexes im Zweiten Weltkrieg verloren gingen, bleibt das erhaltene Vorderhaus in der Ritterstraße ein Zeugnis der reichen Geschichte der Universität und ihrer baulichen Entwicklungen über die Jahrhunderte hinweg. Die sorgfältige Sanierung und heutige Nutzung des Gebäudes tragen dazu bei, das kulturelle Erbe Leipzigs zu bewahren und fortzuführen.