Der Goldene Bär: Ein Stück Leipziger Geschichte
Der Goldene Bär war ein historisches Gebäude in der Leipziger Innenstadt, das ursprünglich als Gasthof diente und später für 135 Jahre ein bedeutendes Verlagshaus beherbergte. Nach seiner Übernahme durch die Universität Leipzig im Jahr 1866 wurde das Gebäude im Zweiten Weltkrieg zerstört.
Lage und Gestalt
Der Goldene Bär befand sich an der Universitätsstraße 11, die bis 1839 als Alter Neumarkt bekannt war. Er stand gegenüber der Einmündung der Kupfergasse und war flankiert vom Beguinenhaus im Norden und dem Neuen Chemischen Laboratorium im Süden.
Das Gebäude war ein dreistöckiger Barockbau mit einer schlichten, aber eleganten Fassade, die sich über 17 Fensterachsen erstreckte. Ein Mittelrisalit, der sich über ein zusätzliches Stockwerk erhob, unterteilte die Fassade in drei markante Fensterachsen. Das Dach war mit zwei Mansardenetagen ausgestattet, und im Erdgeschoss befanden sich Ladengeschäfte. Der Haupteingang lag leicht asymmetrisch, und als Hauszeichen prangte ein goldener Bär über der Toreinfahrt.
Geschichte
Die Ursprünge des Goldenen Bären reichen bis ins Jahr 1521 zurück, als die Familie Braun auf dem Grundstück einen Ausspannhof betrieb. Dieser blieb unter verschiedenen Besitzern bekannt als „Braunens Gasthof“, bis ein Besitzer namens Christian Bär dem Gasthof den Namen „Braunen Beehrs Gasthof“ verlieh. Im Jahr 1660 wurde daraus schließlich „Zum braunen Bär“, und nachdem das Wirtshausschild vergoldet wurde, erhielt der Gasthof 1676 den Namen „Zum güldenen Bär“.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts verfiel der Gasthof zusehends. 1732 erwarb der Verleger Bernhard Christoph Breitkopf das Anwesen und ließ es von 1735 bis 1738 durch den Leipziger Baumeister George Werner neu errichten. Das heute bekannte Mansardengeschoss wurde jedoch erst 1799 hinzugefügt. Breitkopf richtete im Hintergebäude eine Druckerei ein und behielt den Namen „Goldner Bär“ bei. Der später zum Verlag Breitkopf & Härtel erweiterte Betrieb führt den Bären noch heute in seinem Firmensignet.
Berühmte Bewohner und Gäste
Der Dichter und Literaturwissenschaftler Johann Christoph Gottsched war bis zu seinem Tod im Jahr 1766 ein Bewohner des Goldenen Bären. Johann Wolfgang von Goethe pflegte während seiner Studienzeit in Leipzig engen Kontakt zur Familie Breitkopf und wohnte oft im Goldenen Bären. In seinem Werk „Dichtung und Wahrheit“ schreibt er:
„Eine sehr angenehme und für mich heilsame Verbindung, zu der ich gelangte, war die mit dem Breitkopfischen Hause. […] Bernhard Christoph Breitkopf […] bewohnte den ‚Goldenen Bären‘, ein ansehnliches Gebäude auf dem Neuen Neumarkt, mit Gottsched als Hausgenossen.“
Im zweiten Teil des Zitats erwähnt er Gottscheds komfortables Leben im ersten Stock des Gebäudes, das ihm von Breitkopf lebenslang zur Verfügung gestellt wurde.
Vom Verlagshaus zur Universitätsnutzung
Nachdem der Verlag Breitkopf & Härtel im Jahr 1867 in die Nürnberger Straße umgezogen war, erwarb die Universität Leipzig bereits ein Jahr zuvor das Gebäude. Es wurde für verschiedene wissenschaftliche Institute genutzt, darunter das Landwirtschaftlich-Physiologische Institut und das Agricultur-Chemische Laboratorium.
Im Jahr 1908/1909 erfolgten Umbauten, um die historische Raumaufteilung wiederherzustellen und die alte Treppenanlage zu restaurieren. Ab 1909 zog der Historiker Karl Lamprecht mit dem von ihm gegründeten Institut für Kultur- und Universalgeschichte in das Gebäude ein.
Zerstörung und heutige Nutzung
Am 4. Dezember 1943 wurde der Goldene Bär bei einem Luftangriff zerstört. Über Jahrzehnte hinweg wurde das Gelände als Parkplatz genutzt. Heute steht auf einem Großteil des Areals die Mensa am Park, die das Andenken an dieses einst prächtige Leipziger Gebäude bewahrt.
Fazit
Der Goldene Bär war nicht nur ein Gasthof und Verlagshaus, sondern auch ein Ort, an dem bedeutende Persönlichkeiten wie Gottsched und Goethe lebten und wirkten. Mit seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg ging ein Stück Leipziger Geschichte verloren, doch sein Erbe lebt in den Erzählungen und Erinnerungen fort.