Haus des Kaufmännischen Vereins in Leipzig: Ein Blick in die Geschichte
Das Haus des Kaufmännischen Vereins war das Gesellschaftshaus des gleichnamigen Vereins und spielte eine wichtige Rolle im kulturellen und gesellschaftlichen Leben Leipzigs. Es war bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg ein zentraler Treffpunkt für Kaufleute und beherbergte zahlreiche Veranstaltungen.
Lage
Das Gebäude befand sich im Südwesten der Leipziger Innenstadt. Es erstreckte sich zwischen der Schulstraße, die seit dem Jahr 2000 Ratsschulstraße heißt, und der Markgrafenstraße. Die Adresse lautete Schulstraße 5. Das Grundstück grenzte bis an den Dittrichring.
Geschichte
Der Kaufmännische Verein zu Leipzig wurde im Jahr 1858 im Kramerhaus gegründet. Aufgrund des schnellen Wachstums des Vereins, der bis 1873 etwa 1200 Mitglieder zählte, entstand bald die Notwendigkeit, ein eigenes Vereinsheim zu errichten. Der Verein erwarb ein Grundstück, auf dem zuvor bis 1852 die Ratsfreischule in alten Quartieren der Pleißenburgbesatzung untergebracht war. Die Schule wurde 1873 abgerissen, um Platz für das neue Gebäude zu schaffen.
Den Architektenwettbewerb für das Gebäude gewann der Leipziger Architekt Bruno Leopold Grimm. Die Grundsteinlegung fand am 5. Juni 1875 statt, und am 18. März 1877 wurde das Haus feierlich eingeweiht. Das Haus diente primär den Mitgliedern des Vereins, bot aber auch Raum für öffentliche Kulturveranstaltungen. Um 1905 wurde die Umfassungsmauer des Vorgartens durch zwei kleine Pavillonbauten ergänzt, was das Gebäudeensemble erweiterte.
Beim Luftangriff auf Leipzig am 4. Dezember 1943 wurde das Haus des Kaufmännischen Vereins vollständig zerstört. Erst mehr als 50 Jahre später, in den 1990er-Jahren, wurde an dieser Stelle ein schlichtes sechsgeschossiges Bankgebäude errichtet. Der ehemalige Garten des Vereinsheims ist heute eine öffentliche Grünanlage.
Architektur
Das Haus des Kaufmännischen Vereins war ein dreigeschossiger Bau mit Putzfassade und dekorativen Gliederungselementen aus Elbsandstein. Es bedeckte eine Grundfläche von 33 × 22 Metern und erreichte eine Höhe von 20 Metern. Stilistisch orientierte sich das Gebäude an der italienischen Renaissance, ergänzt durch einige klassizistische Elemente. Die Fassade der Schmalseite war durch eine dreiachsige Lisene gegliedert, die von einem flachen Dreiecksgiebel gekrönt wurde.
Der imposante Festsaal erstreckte sich über zwei Etagen und die gesamte Gebäudebreite. Er besaß eine umlaufende Balkon- und Orchestergalerie und war das Herzstück für gesellschaftliche Anlässe. Im Erdgeschoss befanden sich neben dem Festsaal auch ein Billardzimmer, Spiel- und Lesezimmer sowie das Restaurant, welches durch eine Freitreppe in den vorgelagerten Garten führte. Der Garten diente im Sommer als beliebter Ort für Kaffee- und Biergartenbesucher.
Zusätzlich beherbergte das Haus eine Bibliothek, Empfangszimmer sowie Salon- und Sitzungsräume. Das Attikageschoss war niedriger und beherbergte die Wohnung der Gastwirtsfamilie, Unterkünfte für das Dienstpersonal sowie einige Nebenräume. Im Keller befanden sich unter anderem die Küche und eine Kegelbahn. Neben dem Haupteingang gab es einen Nebeneingang an der Schulstraße, über den Nichtmitglieder Zugang zu den Büroräumen der Stellenvermittlung hatten.
Fazit
Das Haus des Kaufmännischen Vereins war ein prächtiges Beispiel für die repräsentative Architektur und das gesellschaftliche Leben im Leipzig des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Mit seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg ging ein bedeutendes kulturelles Zentrum der Stadt verloren. Heute erinnert nur noch der öffentliche Garten an die einstige Pracht dieses Ortes.