Leipziger Wasserkünste: Einblicke in die historische Wasserversorgung der Stadt
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ToggleDie Leipziger Wasserkünste waren über drei Jahrhunderte hinweg bedeutende technische Anlagen, die die zentrale Wasserversorgung der Stadt Leipzig sicherstellten. Diese Versorgung erfolgte hauptsächlich durch zwei Förderanlagen am Pleißemühlgraben: die Rote Wasserkunst und die Schwarze Wasserkunst. Ihren Namen verdankten sie ihrem Aussehen, wobei die Rote Wasserkunst Tür- und Fenstereinfassungen aus rotem Rochlitzer Porphyr hatte, was der Schwarzen Wasserkunst fehlte.
Lage der Wasserkünste
- Die Rote Wasserkunst befand sich östlich der Nonnenmühle, heute im Kreuzungsbereich Karl-Tauchnitz-Straße/Martin-Luther-Ring.
- Die Schwarze Wasserkunst lag etwa 100 Meter weiter südlich, an der heutigen Harkortstraße, gegenüber der Brücke zu Schwägrichens Garten. Das Förder- und Antriebswasser wurde ihr unter der Straße zugeführt, und Zu- sowie Ablauf befanden sich unter zwei kleinen Türmen.
Geschichte der Leipziger Wasserversorgung
Bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts erfolgte die Wasserversorgung Leipzigs ausschließlich über Schöpf- und Ziehbrunnen. Ein erster Fortschritt gelang 1501 bis 1504 mit der Errichtung einer Holzröhrenleitung von der Marienquelle, die einige Häuser und das Paulinerkloster mit Wasser versorgte. Zu dieser Zeit finanzierte der Leipziger Ratsherr Martin Bauer eine eigene Wasserkunst, die primär der Bewässerung des Georgennonnenklosters diente, aber auch eine Leitung in die Stadt besaß.
Die Stadt Leipzig erkannte die Notwendigkeit einer stabileren Wasserversorgung. Eine erste städtische Wasserkunst wurde zwischen 1517 und 1519 errichtet, konnte aber erst ab 1521 genutzt werden, nachdem der Rat der Stadt mit dem Kloster über die Wasserrechte verhandelt hatte. Nach der Reformation übernahm die Stadt 1543 das Kloster und damit auch die Mühle und Wasserrechte.
Bau der Roten und Schwarzen Wasserkunst
Während des Schmalkaldischen Krieges wurden die Bauersche und die städtische Wasserkunst zerstört. Als Ersatz errichtete die Stadt von 1561 bis 1564 die Rote Wasserkunst bei der Nonnenmühle, und 1564 folgte die Schwarze Wasserkunst weiter südlich. Diese wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört, jedoch 1679 wieder aufgebaut. Die Rote Wasserkunst erlitt nur leichtere Schäden und blieb weitgehend intakt.
Im Jahr 1700 waren rund 40 % der Leipziger Häuser an das Wasserversorgungssystem angeschlossen, und es gab 24 öffentliche Wasserstellen. Im Jahr 1758 brannte die Schwarze Wasserkunst ab, wurde aber bis 1798, technisch verbessert, wieder aufgebaut.
Ende der Wasserkünste
Mit dem Wachstum der Stadt Leipzig im 19. Jahrhundert konnten die Wasserkünste die stetig steigende Bevölkerungszahl nicht mehr ausreichend mit Wasser versorgen. Zudem verschlechterte sich die Wasserqualität aufgrund der zunehmenden Verschmutzung der Flüsse. Deshalb plante man in den 1860er Jahren den Bau eines modernen Wasserwerks, das 1865 auf den sogenannten Bauernwiesen südlich des Schleußiger Wegs eröffnet wurde. In der Folge wurde der Betrieb der Wasserkünste eingestellt und ihre Türme gegen Ende des 19. Jahrhunderts abgerissen.
Technik der Wasserkünste
Die Wasserkünste von Leipzig arbeiteten mit einer einfachen, aber effektiven Technik. Zwei unterschlächtige Wasserräder trieben über Pleuelstangen Pumpen an, die das Wasser über Rohrleitungen in eine Höhe von etwa 17 Metern (etwa 60 Leipziger Fuß) in einen offenen Trog förderten. Von dort floss das Wasser durch unterirdische Rohrleitungen aufgrund des natürlichen Gefälles in die Stadt.
Um den Betrieb der Anlagen sicherzustellen, arbeiteten sogenannte Kunstmeister und ihre Knechte rund um die Uhr, sowohl im Sommer als auch im Winter. Damit das Wasser auch im Winter fließen konnte, waren die Wasserräder in beheizten Gebäuden untergebracht. Überschüssiges Wasser lief über die öffentlichen Wasserstellen auf die Straßen und reinigte diese sowie die Gossen.
Die Schwarze Wasserkunst versorgte den westlichen Teil der Stadt (Ranstädter und Petersviertel) mit fünf Pumpen, während die Rote Wasserkunst mit sechs Pumpen den östlichen Teil (Hallisches und Grimmaisches Viertel) versorgte. Um 1835 lag die Fördermenge beider Wasserkünste bei einem 24-stündigen Betrieb bei 2460 m³ Wasser. Pro Einwohner standen etwa 50 Liter Wasser täglich zur Verfügung, von denen in der Nacht mehr als die Hälfte ungenutzt abfloss.
Fazit
Die Leipziger Wasserkünste waren über Jahrhunderte hinweg eine zentrale und fortschrittliche technische Einrichtung für die Wasserversorgung der Stadt. Sie spiegelten den Wandel und die Anpassungsfähigkeit der Stadt an wachsende Herausforderungen wider. Mit der Errichtung moderner Wasserwerke endete ihre Ära, doch sie bleiben ein bedeutendes Kapitel in der Geschichte der Leipziger Infrastruktur.